Habe ich mich falsch verhalten?

JenniX45

Benutzer
08. Okt. 2010
52
9
8
27
Berlin
Hallo Leute, (Eventuell Triggerwarnung: Sucht, toxische Beziehung, Suizidale Äußerungen)

hier bin ich wieder und auch wieder mit einer Freundschaft die in die Brüche gegangen ist..
Es war eine gute Freundin die ich seit ca 3 Jahren kannte. Sie hat ein Suchtproblem, unter anderem auch Alkohol und ist Anfang des Jahres in die Entwöhnung gegangen und danach in eine Suchtklinik. Ich habe versucht sie zu unterstützen wo es nur ging. Die Klinik war sehr weit weg von meinem Zuhause und allein für den Hinweg hab ich schon fast 2 Stunden jedes Mal gebraucht. Ich war fast jedes Wochenende da, auch wenn ich eigentlich mal Zeit für mich gebraucht hätte weil ich sie nicht alleine lassen wollte.
Einmal habe ich kurzfristig abgesagt und sie ist daraufhin total enttäuscht gewesen und hat Dinge geschrieben wie dass sie halt damit klar kommen muss, dass sie anderen nicht so wichtig sei.. und einige verletzende und manipulative Dinge.. das konnten wir damals zum Glück noch klären. Nur ist sie dann aus der Klinik geworfen worden, weil ein Mitpatient sie beleidigt hat und sie ihn daraufhin geschubst habe.
Ich weiß nicht wie doll, sie meinte nur sie hat ihn geschubst.

Sie hat dann direkt den ersten Tag an dem sie wieder Zuhause war, wie sie selbst sagte "aus Trotz" 2 Jacky Cola getrunken aber es zählte für sie nicht als Rückfall. 2 Tage später schrieb sie mir Dinge wie dass sie aufgeben will und genug gekämpft habe. Ich habe versucht auf sie ein zu gehen und ihr gut zu zu reden und habe einen kleinen Text geschrieben dass die Gefühle die sie gerade hat gefühlt werden dürfen und valide sind aber sie nur temporär sind und sie diesen Gedanken nicht glauben darf und ich nicht glaube dass sie einfach so aufgeben möchte.
Danach meinte sie "hab ich schon" und dass sie keinen F*ck mehr gibt. Ich habe daraufhin gefragt ob die Akutklinik für sie vielleicht eine Option wäre wenn es gerade so schlimm ist und dass ich gerade nicht weiß wie ich helfen kann und mich grad ein wenig hilflos fühle. Das kam gar nicht gut an. Es war auch nicht als Vorwurf gemeint. Ich habe mir einfach Sorgen gemacht. Dazu kommt noch dass ich all die Wochen meine Kapazitäten total für sie überzogen habe und es mir ja selbst nicht sonderlich gut geht und ich zu dem Zeitpunkt eine Seitenstrangangina hatte, die der Vorbote für Pfeiffersches Drüsenfieber war. Das Drüsenfieber habe ich übrigens immer noch. Schon seit 4 Wochen. Jedenfalls schrieb sie daraufhin "Wow. fühl dich hilflos, genau wie ich ;)" ich konnte darauf irgendwie nichts mehr antworten weil ich so überfordert war. Später kam dann noch dass sie rotz besoffen ist und ihre Schwester sie wohl nicht mehr unterstützt wegen dem Rückfall und dass ja alles ihre eigene schuld sei, danke für Nichts "F"ck you all" und "machs gut " konnte dazu erst Recht nichts antworten, hab total gezittert und musste mich erstmal selbst beruhigen. Hab das auch irgendwie als Kontaktabnruch von ihrer Seite interpretiert obwohl man auch hätte als suizidal interpretieren können. Ich weiß nicht warum. Dann kam ein paar Stunden später "hoffentlich geht es dir jetzt nicht zu schlecht wegen dem hilflosen Gefühl, ich lebe noch. Mehr willst du für dein Gewissen ja nicht wissen, stimmts?!" Und das hat mir in dem Moment voll den Rest gegeben. Als wenn das nicht schon hart genug war kam noch ne sms in der stand ungefähr sowas wie "ihr habt mich alle durch die Bank weg fallen lassen" und dass keiner da war und sowas. Ich habe den Kontakt daraufhin abgebrochen. Habe ihr geschrieben dass ich immer versucht habe da zu sein, über meine grenzen gegangen bin, ich ihr ihren schmerz nehmen würde wenn ich könnte und ich hiermit aber den Kontakt abbreche weil ich mich nicht mit kaputt machen lasse. (Der Text ist sehr runter gebrochen. Meine SMS war länger und ausführlicher)
Ein gemeinsamer Freund von uns hat einen Tag später mit ihr gesprochen und sie meinte die letzte SMS war nicht an uns gerichtet (er hatte sie nämlich auch bekommen wie ich dann erfahren habe). Das macht für mich aber ehrlich gesagt nichts besser. Ja, sie war in einer emotionalen Ausnahmesituation und sie hat quasi um sich geschlagen wie es ja bei Suchtkranken wohl üblich ist, aber ich konnte das einfach nicht mehr. Sie hat sich bei ihm über mich ausgelassen und meinte wohl dass sie doch einfach nur ein Telefonat gebraucht hätte. (Ich bin oft "blind". Man muss mir immer klar sagen was man gerade von mir erwartet sonst raff ich das nicht. Das hatte ich ihr bei vorherigen Konflikten schon öfter gesagt. Da war auch oft das Problem dass sie etwas gebraucht hätte es aber nicht klar geäußert hat und stattdessen verletzende Sachen schrieb) Und sie meinte sie fand meinen Kontaktabbruch übertrieben weil sie mich ja nicht mal als F*tze beleidigt hätte. (?)
Und sie sagte ihm dass sie jetzt erstmal Ruhe vor mir bräuchte.

Das Ding ist, meine Entscheidung kam nicht aus dem Nichts. Es war wie ein Fass das übergelaufen ist. Sie hat öfter aus Trotz richtig verletzende Dinge geschrieben und mich oft gar nicht ernst genommen und meine Probleme runter geredet. Ich habe zbs mal geschrieben dass ich glaube ich habe etwas mit meinem Magen weil ich extrem Sodbrennen und Schmerzen hinterm Brustbein hatte. Da kam dann nur "such dir doch nicht dauernd neue Diagnosen sondern fühle deine vorhandenen in ihrer vollen Auswirkung. Das ist die Adhs Diagnose die bitter aufstößt. Nix Magen" (hatte eine Woche vorher meine adhs Diagnose bekommen, deshalb) sie hat sich erst entschuldigt nachdem ich beim Arzt war und nebenbei erzählt habe dass ich in der Woche eine Magenschleimhautentzündung hatte. Als ich vor meiner Diagnostik meinte ich habe den Verdacht vielleicht adhs zu haben hatte sie mich auch nicht wirklich ernst genommen bis die Diagnose da war, da hat es dann aber für sie plötzlich doch Sinn gemacht. Ich hatte auch oft das Gefühl dass ich kleinlich aufpassen muss was ich schreibe, aus Angst dass es missverstanden wird und wieder Streit ausbricht.

Ich hab ihr oft lange beigestanden, mir immer dieselben Probleme mit ihrem toxischen Ex angehört, und wurde sogar von ihr ermahnt als ich gesagt habe dass sie jemand besseren verdient hätte. Da durfte ich mir anhören dass sie ihn wahrscheinlich nur so negativ sieht weil ich ihn ja so krass verurteile obwohl ich ihn nicht kenne. Sie hat jedes Mal seit Jahren nur negative Dinge über ihn erzählt und sich nur aufgeregt und gesagt wie unglücklich sie in der Beziehung ist.. er hat sie sogar mal körperlich angegriffen..
Wenn sie mal eine Grenze gesetzt hat hab ich es immer akzeptiert und sogar versucht dann noch auf sie ein zu gehen indem ich schrieb "Kein Problem, ruh dich ordentlich aus" oder sowas. Oftmals hat sie es aber wirklich unempathisch gemacht. Zbs ganz abgehackt mit "Sorry, hab grad eigene Probleme". Was an sich auch in Ordnung gewesen wäre, wenn sie mich wenigstens dann wenn wir man über meine Sachen gesprochen haben richtig ernst genommen hätte.. ich war bei ihr oft der Hypochonder und würde angeblich immer Symptome googeln und mich rein steigern. Aber ich merk doch wenn etwas nicht stimmt. Und wenn ich dann beim Arzt war, hatte ich tatsächlich etwas.
Was emotionale Dinge angeht war sie zwar auch für oft mich da aber es ging immer sehr schnell wieder um sie. Das ist meinem Partner auch aufgefallen. An meinem Geburtstag hat sie mich angerufen um zu gratulieren (da war sie noch in der Klinik) und nachdem ich meinte dass ich alleine Zuhause herum sitze und eigentlich gar nichts wirklich mache hat sie davon erzählt wie glücklich sie in der Klinik sei und wie toll dort alles ist usw. An sich ja eine schöne Sache, aber ich fand es irgendwie in dem Moment unpassend weil ich da grad voll den blöden Tag hatte und es mir gar nicht gut ging und es ja mein Geburtstag war und das Telefonat sich Hauptsächlich um sie gedreht hat. Vielleicht bin ich da auch etwas sehr sensibel, weiß nicht. Er meinte ich hätte nicht falsch gehandelt aber ich mache mir doch ab und zu Vorwürfe, dass ich sie allein gelassen habe mit ihren Problemen. Ich habe gelesen dass man Suchtkranke Menschen nicht alleine lassen soll wenn sie so um sich schlagen, aber auf der anderen Seite hat es mich auch wirklich krass belastet. Immer wenn ich eine Benachrichtigung von einer neuen SMS auf dem Handy bekommen habe, hab ich ein sehr unwohles Gefühl bekommen und wurde jedes Mal sehr nervös und angespannt. Und das ging schon länger. Sie war die einzige mit der ich über SMS geschrieben habe. Mit allen anderen schreibe ich über WhatsApp. Aber sie hat kein WhatsApp. Sie ist auch fast doppelt so alt wie ich, weswegen mich ihr Verhalten auch oft erschreckt hat da ich vorher oft zu ihr herauf geblickt habe.. mir geht es viel besser seit dem Kontaktabbruch, mein Partner meinte auch schon ich wirke viel gelassener und entspannter, aber ich werde die Schuldgefühle die dann doch ab und zu kommen nicht los und denke oft drüber nach ob ich anders hätte handeln sollen.. ich hoffe ich kann das irgendwann hinter mir lassen..
Andererseits frage ich mich auch warum ich oft an Menschen gerate die mich nicht ernst nehmen oder vielleicht auch ausnutzen.

Denkt ihr, dass ich falsch gehandelt habe?
 
Denkt ihr, dass ich falsch gehandelt habe?
Kurze Antwort: Nein!

Wenn Du Dich so "verbiegen" musst um Streitigkeiten zu vermeiden, dann gibst Du Dich selbst auf. Es ist dann besser, die Freundschaft zu beenden. Unabhängig vom Umgangston, hast Du ja genügend eigene Probleme und musst Dir nicht auch noch die Deiner Freundin antun.
Andererseits frage ich mich auch warum ich oft an Menschen gerate die mich nicht ernst nehmen oder vielleicht auch ausnutzen.
Ebenfalls kurze Antwort: Weil Du es zulässt!

Vielleicht solltest Du mehr auf Dich selbst und Deine Bedürfnisse eingehen? Anderen helfen ist ja gut und schön, aber wenn Du Dich ausgenützt oder nicht ernst genommen fühlst, dann sind solche Kontakte eher schädlich.
 
Alkoholiker sind so, es tut mir leid für dich. Du kannst ihr nicht helfen und musst dich selbst schützen. Sie ist manipulativ und nutzt dich aus, das ist nicht ihre schuld, aber du musst das nicht ertragen. Das ist auch keine Freundschaft und du lässt sie auch nicht in Stich, weil du ihr nicht helfen kannst.
 
Du hast unglaublich viel gegeben – emotional, zeitlich, körperlich – und dabei ständig deine eigenen Grenzen überschritten. Es ist absolut nachvollziehbar, dass du irgendwann nicht mehr konntest. Niemand kann dauerhaft die Verantwortung für einen anderen Menschen tragen, besonders dann nicht, wenn dieser Mensch wiederholt verletzend wird. Ja, deine Freundin war in einer Ausnahmesituation, und ja, Sucht kann Beziehungen auf die Probe stellen. Aber das entschuldigt nicht, dass sie dich manipuliert, abgewertet und deine Sorgen wiederholt nicht ernst genommen hat. Dass du dich nun leichter fühlst, ist ein starkes Zeichen dafür, dass dieser Kontakt dir mehr geschadet als gutgetan hat.



Schuldgefühle sind in so einer Situation menschlich – sie bedeuten nicht, dass du falsch gehandelt hast. Du hast versucht zu helfen, und zwar über dein eigenes Limit hinaus. Der Kontaktabbruch war kein Verrat, sondern Selbstschutz. Und der ist genauso berechtigt wie Fürsorge.



Du bist nicht falsch. Und du bist nicht allein.
 
Heftig. Ich finde es vorteilhaft, dass du dich selbst so tief ergründest, so dass du dich letztlich nicht verlierst. Sonst gebe ich den Vorschreibern Recht - mit dir ist nichts falsch und du bist überhaupt nicht leichtfertig gewesen. Diese Frau ist schon ziemlich kaputt dem was du schreibst nach. Es ist sicher keine gewagte Aussage, dass ihre sozialen Probleme sehr stark von ihr selbst ausgehen. Die kannst du für sie nicht fixen. Ihre Persönlichkeit wird sich auch nicht mehr ändern, aber falls sie irgendwann die Sucht wirklich in den Griff kriegt, wird sie schon erträglicher sein denke ich. Man lebt ein Leben vorwärts, aber ihr ist das nur schwer möglich und das heißt auch, dass sie (implizit wird es deutlich) überwiegend in ihrer Vergangenheit lebt, weswegen sie auch so viel über sich selbst spricht.

Es ist halt gemein, dass du dich jetzt wegen des Rückzugs etwas selbst hinterfragst: Man glaubt dann mitunter, es wäre besser gewesen nie in den Kontakt eingetreten zu sein, weil das Ende ja erstmal niemandem (und ihr vielleicht nie, was ja deine Ursorge ist) gut tut. Man würde es ihr sozusagen schwerer gemacht haben dadurch dass man da war und nun gehen muss - weil das wiederholt zu erleben (auch so: man sei für alle eine Zumutung) ja ein Grund ihrer Verzweiflung ist, wie sie jedenfalls glaubt (ein Schutzglaube von ihr, wie ich finde; denn in Wahrheit testet sie aus, wie weit andere zu ihr halten obwohl sie so egozentrisch und derbe sowie passiv-aggressiv und selbstzerstörerisch agiert; Problem ist: es kann nie genug Zuneigung und Treue sein, weil ihr Selbstbild so desaströs ist, dass die (Loyalitäts)-Frage von ihr immer immer wieder gestellt wird; und doch liegt es auch an der Dynamik: Mit dem Freund z.B. von dem du schriebst geht sie vielleicht nicht so heftig um, weil sie genau weiß, dass der sich das nicht bieten lässt und weil sie ihn auf andere Weise "nutzt"; bei dir ist es der Test, wie viel du dir für sie gefallen lässt -> verquere Form der Bestätigung; bei ihm vielleicht (ist es so?) seine Stärke als Person, die sie ein wenig auffängt und die Beziehung gibt ihr vielleicht das Gefühl etwas wert zu sein, weil er ihr Freund ist, obwohl er (charakterlich, sozial o.a.) über ihr steht; das schmeichelt dann natürlich auch dem Selbstbild).

Was denkst du über diese Gedanken hier?