24 und immer noch nichts erreicht

InvokerBibi

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09. Juni 2015
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Hallo zusammen

Ich lese hier schon seit fast zwei Jahren mit und habe gedacht ich erzähle euch von meinem Problem... (dieses Forum finde ich übrigens super!)

In letzter Zeit fühle ich mich sehr schlecht: Ich habe oft das Gefühl, im Leben nichts erreicht zu haben. Vor 4 Jahren habe ich angefangen zu studieren. Davor habe ich erfolgreich das Gymnasium abgeschlossen. Meine Eltern erwarteten von mir (schon seit ich denken kann), dass ich nach der Schule studieren gehe (sie sind sehr sehr streng). In meinem Heimatland (China) ist dies nämlich der einzige Weg ein finanziell sorgenfreies Leben zu führen, darum waren sie sehr von dieser Idee besessen. Leider habe ich ihnen früher geglaubt und mich für das Gymnasium entschieden. Nun bereue ich es zutiefst. Mit meinem Studium läuft es nicht gut, ich muss es sehr wahrscheinlich abbrechen (obwohl ich gerade eine neue WG gefunden habe und nur 5 ECTS von meinem Bachelor entfernt bin). Und danach? Was habe ich? Ich habe nicht einmal einen Lehrabschluss und eine Lehre kann ich frühstens nächsten Sommer (2016) anfangen (falls ich überhaupt angenommen werde). Momentan habe ich auch noch hohe Schulden (wegen Studium). Eine Praktikumsstelle ist auch sehr schwierig zu finden. Ich fühle mich auch von der Gesellschaft und meinem Freund unter Druck gesetzt. Meine Schwester und Freunde haben im Vergleich zu mir praktisch alles erreicht und können schon längst eine Familie gründen. 

Ich weiss, es hört sich alles nicht sehr schlimm an... Aber momentan bin ich einfach richtig down... Meine Zukunft ist so unsicher wie meine Pläne... Ich habe immer geglaubt, ich schaffe das Studium. Ich habe immer gedacht, mit Fleiss und Ehrgeiz kann man alles erreichen. Leider habe ich 4 Jahre  dafür verschwendet. Ich fühle mich unter Druck gesetzt. Ich schäme dafür... 

Ich möchte wirklich sehr gerne eine Lehre anfangen, aber mein Freund findet ich solle weiterstudieren und weiterversuchen oder sonst halt etwas anderes studieren, weil eine Lehre immerhin 4 Jahre dauert. 

Habt ihr auch schon etwas Ähnliches erlebt, wo ihr gedacht habt: "Ich habe nichts erreicht"? 

Ja ich weiss, ich sollte zum Berufsberater gehen usw. 

Ich wünschte jemand könnte mich aufmuntern und mir sagen, dass ich nicht alleine bin...

 
... erstens, kommt es immer anders, ... zweitens, als man denkt !

Hi,

während der Ausbildung (und im späteren Leben übrigens auch) gibt es immer wieder Phasen, wo man "Durststrecken" durchleiden muss, das Ziel in weite Ferne rückt, man es vielleicht kurzfristig ganz aus den Augen verliert, das Selbstwertgefühl auf ein Minimum absinkt, man sich des Öftern vielleicht auch die Frage stellt: Was will ich hier überhaupt?

Selten verläuft ein Lebensplan nach Plan. Sei es beruflich, privat, beziehungstechnisch, ... da kannst Du fragen, wen Du willst. Und da brauchst Du Dich ganz sicher nicht zu schämen dafür. Selbst mit chinesischen Wurzeln ... =) . Bei den meisten lief's nicht linear. Liegt ein bestimmtes Ziel im Fokus, erreicht man es vielfach erst über Umwege oder erst im zweiten Anlauf, wie auch immer. Es gibt sicherlich die Superehrgeizigen, welche über Leichen gehen, um dorthin zu gelangen, wo sie hin wollen. Vielfach sind dies aber auch Leute, die meinen, dass die Welt ohne sie nicht funktionieren könne .... und sie dann irgendwann mal doch zur Erkenntnis kommen, dass die Welt auch ohne sie bestens funktioniert hat, funktioniert und funktionieren wird.

ABER, nichts  desto trotz, und dies gilt vor allem für die etwas weniger Ehrgeizigen: Egal wie, aber das "Tor zum späteren Leben", welches in jedem Fall durchschritten werden sollte, heisst: EINE ABGESCHLOSSENE AUSBILDUNG ! Akademischer Natur oder Lehre ist egal. Ob Du dann in dieser Richtung weiterarbeitest, einen anderen Beruf ausübst oder gar nichts machst ... das kannst Du dann alles nach Lust und Laune entscheiden. 

Ob dies nun für Dich der richtige Schritt wäre, Deine aktuelle Ausbildung abzubrechen, um irgendwann nächstes Jahr eine 4-jährige Lehre zu beginnen ... das braucht meiner Meinung nach auch eine ganze Menge Motivation. Und was tust Du dann, wenn Dir die Lehre auch nicht gefällt? Bei "Fluchtgedanken" steigert man sich öfters in Wunschvorstellungen (Beruf, Arbeitsgeber, Wohnort, Partner, etc.), welche mit der Realität wenig zu tun haben. Deine Idee des Wechsels sollte da schon sehr gut hinterfragt und austariert sein.

Vielleicht ist die aktuelle Motivationslosigkeit, nur eine Frage der Umgebung und wenn Du in die neue WG wechselst, alles schon viel besser ausschaut. Und wichtig: Schau nicht auf die anderen. Egal, ob Deine Freunde und Geschwister dies oder jenes schon geschafft haben oder nicht. Es ist Dein Leben und DU machst es auf Deine Art und Weise :] .

Viel Glück

 
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Hallo Bibi

Ob du erfolgreich bist oder nicht, ob du etwas erreicht hast oder nicht, das kannst nur du entscheiden. Anscheinend aber hast du für dich selbst noch gar nicht definiert, was Erfolg bedeutet. Im Gegenteil, du lässt deine Familie, deinen Freund und die Gesellschaft den Begriff Erfolg definieren. Der da hat einen Bachelor, der ist erfolgreich. Die da hat eine Familie, die ist erfolgreich. Hast du dich einmal gefragt, ob du diese Dinge überhaupt willst? Wird es dir besser gehen, wenn du einen Bachelor, viel Geld oder Kinder hättest? Macht dich dein Freund überhaupt glücklich? Sind dies für dich unabdingbare Meilensteine auf dem Weg zum Glück?

Bevor du dich entscheidest wie dein zukünftiger Weg, dein zukünftiges Leben aussehen soll musst du diese Fragen für dich beantworten. Sie bewahren dich davor, den falschen Weg zu gehen und in einer neuen Sackgasse zu landen. Und hüte dich davor, deine Ziele zu konkret zu formulieren. Wünsche sind Wünsche, Ziele sind Ziele. Etwas wie "mit 30 Familie mit Haus und drei Kindern" kannst du dir gleich aus dem Kopf schlagen. Das Leben hält zu viele Überraschungen bereits als dass wir dies planen könnten. Eher "Ende 30 will ich einen Job im sozialen Bereich" oder "in naher Zukunft will ich ein Instrument erlernen". Vorausgesetzt natürlich, dass diese Dinge in deinen "Glücksplan" passen und dass du sie auch wirklich umsetzten kannst.

Habt ihr auch schon etwas Ähnliches erlebt, wo ihr gedacht habt: "Ich habe nichts erreicht"?

Ja ich weiss, ich sollte zum Berufsberater gehen usw.
Ja hatte ich, und zwar genau in deinem Alter. Habe daraufhin meinen Job geschmissen und ging 3 Monate auf Reisen. Als ich zurück war wusste ich vor allem, was ich nicht will. Und das war schon ein ziemlicher Fortschritt. Habe dann eine neue Ausbildung abgeschlossen und bin heute - 8 Jahre später - im Job ziemlich zufrieden.

Aber zum Berufsberater? Eine wildfremde Person sagt dir nach einer standardisierten Analyse, was das Beste für dich sein soll. Ich zweifle daran.

Alles Gute!

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Du hast das Studium ja zu 35/36 deines Studiums geschafft und behauptest, es nicht schaffen zu können?

Eindeutig die Krise vor dem Ende. Bisher hast du dich sehr anstrengen müssen, und es war nicht unnütz, sondern das absolut das Richtige, das dich so weit im Studium vorankommen liesse, dass du nur noch 5 Punkte vom Abschluss entfernt bist.

Wenn du jetzt alles hinschmeisst, DANN waren die Studienjahre vergebens, DANN hättest du besser eine andere Ausbildung gemacht.

Aber auch dort geht es nicht leicht von der Hand - und du wärst genau so an diesen Punkt gekommen, an dem due das Gefühl hättest, nichts zu können.

Schliesse also erst einmal ab, und danach kannst du deine Lehre beginnen.

 
Hallo Bibi,

wegen den hohen Schulden gibt es nur eines: Geld verdienen und die Schulden systemathisch ab arbeiten mit deinem Verdienst. Man bekommt immer Arbeit, wenn man arbeiten will. Wichtiges Kriterium und Schwerpunkt: Wenn man will.

Dann sehe ich bei dir einfach kein Biss. Du gibst dem Umfeld, dem Freund, den Eltern die Schuld an deinem Miss-Stand. Warum ? Du bist 24 und erwachsen genug um sich mit dir selbst auseinander zu setzen, was du willst, was du wirklich willst, was du nicht willst und was du willst, was Früchte tragen kann. Also spuck mal in deine zarten Hände und zeigs deinen "Gegnern" was in dir steckt und dass du ihre Hilfe, unser Mitleid und unseren guten Zuspruch nicht brauchst, weil in dir mehr steckt als du hier versuchst, runter zu spielen.

Eine Ausbildung ist nur dann richtig, wenn sie Spaß macht und nicht weil andere denken, sie tun einem gut. Also entweder du machst den Bachelor oder du steigst aus und machst, was dir Spaß macht und gut tut und du Biss genug hast, das Ding durch zu ziehen. Wenn du Biss zeigst, dann bekommst du auch eine Ausbildungsstelle oder einen Beruf, von dem du überzeugt bist, das er der Richtige für dich selbst ist.

Alles andere ist Augenwischerei und Gefallen halber wegen Umfeld.

Ich kenne einen jungen Mann, dem die Türen für ein Unternehmen zu leiten offen stand und der stattdessen seinen eigenen Weg ging, trotz Widerstände von allen Seiten und trotz Gewissensbisse und er geht inzwischen seinen eigenen Weg und ist glücklich. Und da gibt es noch jemanden, den ich kenne, die jetzt auch glücklich sind, weil es dem Jemanden gut geht und sie sind vollen Lobes, weil der Jemand sein Ding durch zieht mit Freude und mit Enthusiasmus und mit absoluter Gewissheit, das Richtige für sich zu tun.

Also pack dein Leben an und arbeite deine Schulden ab und solange überlegst du dir, was du immer schon wolltest zu werden.

Alles Liebe für Dich :)

starrily

 
Man bekommt immer Arbeit, wenn man arbeiten will. Wichtiges Kriterium und Schwerpunkt: Wenn man will.
Starrily,

das halte ich für ein Gerücht und ich weiss, von was ich rede, da ich lange wissenschaftliche Studien im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit durchgeführt habe. Viele Leute über 50 Jahre kriegen kein Job mehr, trotz langjähriger und hochqualifizierter Berufserfahrung. Wenn man irgendwo auf dem Land wohnt und nicht bereit ist, mehrere hundert Kilometer weit weg zu ziehen, sieht es aufgrund von infrastruktureller Probleme in manchen Regionen auch düster aus. Und nicht jede Arbeit ist schlicht und einfach zumutbar, wenn man sieht was es alles für schwarze Schafe gibt, die versuchen den Mindestlohn zu unterlaufen und auch sonst nicht mal das nötigste zahlen, so dass die Leute trotz Vollzeitarbeit bei HartzIV aufstocken müssen. Wie Du siehst, bekommt man eben nicht IMMER Arbeit, sondern viele fallen durchs Raster und wollen unbedingt Arbeit, doch kriegen keine, mit der sie ihre Familie ernähren können. Ist ein schönes Märchen, was uns die Regierung auftischt, dass alle ja Arbeit kriegen, wenn sie nur wollen. Die Zeiten sind lange vorbei und Du solltest so einen Schwachsinn auch nicht glauben. 

Aber natürlich sollte man sich selbst fragen, was man verbessern kann, um Arbeit zu kriegen und welche Ziele man beruflich hat. Das stelle ich nicht in Frage.

Gruss

EswareinmaldieLiebe