Wie bereitet man sich auf den Tod der Mutter vor?

tapete

Neuer Benutzer
30. Nov. 2010
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Liebes Forum, meine Mutter hat einen aggressiven Krebs diagnostiziert bekommen. Ich kenne mich in der Thematik aus und weiss, dass nur schon die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einem Jahr noch am leben sein wird, sehr gering ist. Was kann ich tun, um ihr beizustehen und wie kann ich mich vielleicht auf den Moment  x vorbereiten? Sie ist meine einzige Familie, danach werde ich niemanden mehr haben. Und auch nicht unwichtig: wie verliere ich mich in dem ganzen nicht zu sehr? Ich muss ja trotzdem meine Arbeit machen, meinen Abschluss machen.

 
Liebe Tapete, 

das ist eine schwierige Situation,  es tut mir sehr leid für dich.  Es sind mehrere Probleme,  du solltest vielleicht mit jemandem vom Fach darüber sprechen, einem Psychologen oder Trauerbegleiter. Vielleicht wird deine Mutter irgendwann in ein Hospiz müssen, es ist auch wichtig- für deine Mutter und auch für dich- dass sie rechtzeitig und ausreichend mit Schmerzmitteln versorgt wird. Ich musste meine Schwiegermutter leiden und sterben sehen und es war extrem schwer für mich. Sie hat zu wenig Schmerzmittel bekommen,  weil die Familie wollte,  dass sie wach bleibt, sonst war sie sediert und hat nur geschlafen und sie wollten bis zum Ende mit ihr sprechen können.  Sie hat dadurch aber sehr gelitten und es hätte nicht sein müssen. Es ist jetzt viel Zeit vergangen,  aber es macht mich immer noch fertig,  es hat mich traumatisiert. Sie war besser zu mir als meine Mutter und die einzige,  die ich in der Familie mochte und so einen Tod hat sie nicht verdient. Auch im Hospiz hatte sie noch einen kleinen Wunsch, den man ihr nicht erfüllt hat, weil der Ehemann meinte zu wissen, was für sie richtig war... 

Durch diese Erfahrung weiß ich jetzt, dass man sich auf so etwas besser gut vorbereiten muss.

Ein Psychologe wird dir bestimmt gute Tipps geben. Auch dein Hausarzt kann dich sicherlich allgemein beraten und auch andere Institutionen verweisen.

Es gibt auch ein Forum: Hilferuf. De, wo es vermutlich mehr Menschen gibt, die Erfahrung haben mit solchen Themen.

 
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Liebes Forum, meine Mutter hat einen aggressiven Krebs diagnostiziert bekommen. Ich kenne mich in der Thematik aus und weiss, dass nur schon die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einem Jahr noch am leben sein wird, sehr gering ist. Was kann ich tun, um ihr beizustehen und wie kann ich mich vielleicht auf den Moment  x vorbereiten? Sie ist meine einzige Familie, danach werde ich niemanden mehr haben. Und auch nicht unwichtig: wie verliere ich mich in dem ganzen nicht zu sehr? Ich muss ja trotzdem meine Arbeit machen, meinen Abschluss machen.
Liebe Tapete,

Im letzten Jahr ist meine Mutter an Krebs gestorben. Wir wussten seit Jahren, dass es keine Heilung gibt. Jedoch kann man sich nie wirklich darauf vorbereiten. Sie hatte in ihren letzten 2 Jahren immer wieder Operationen, längere Klinikaufenthalte, Rehas, Kurzzeitpflegen usw. Das war eine echt schwere Zeit.

"Der Vorteil" ist das ich 3 Schwestern habe. Im letzten Jahr hatte unsere Mutter extrem abgebaut. Sie war dann im März im Krankenhaus und hat das Essen verweigert. Wir konnten sie nicht besuchen, wegen der Coronauflagen und sie hat das alles nicht verstanden. Es brach uns das Herz, weil sie am Telefon immer fragte warum wir ihr das antun. Im letzten Jahr ihrer Krankheit wurde sie zudem leider auch dement. Wir hatten dann beschlossen sie aus dem Krankenhaus, zu meiner Schwestern nach Hause zu holen und haben sie dort gemeinsam gepflegt, soweit es uns möglich war, natürlich mit Hilfe einer Hospitzkrankenschwester des Plegedienstes. Die Ärzte gaben ihr 2-3 Wochen, sie hatte dann noch gute 3 Monate im Kreise ihrer Töchter und ist auch nochmal etwas aufgeblüht. Trotzdem, auch wenn man es weiß und denkt das es besser für den Menschen dann ist, wenn der Moment da ist, fühlt man trotzdem einen tiefen Schmerz, obwohl man sich dachte damit umgehen zu können.

Meine Mutter war auch mein letzter Elternteil und eine starke Bezugsperson. Es tut mir im Herzen leid, ich weiß wie schwer das ist. Du wirst sehr viel Kraft brauchen. Kümmer dich so gut es dir möglich ist. Mit den Besuchen ist es ja seit einigen Monaten gott sei dank wieder besser.

Hast du einen Partner, oder gute Freunde die dir Rückhalt geben? Du brauchst unbedingt auch Zeiten in denen du dir etwas Gutes tust und Energie bekommst. Mir hat es geholfen sehr viel zu lesen über den Tod, Nahtoderfahrungen und ein eventuelles "Leben" danach. Dazu gibt es natürlich die unterschiedlichsten Meinungen, aber es hat mir geholfen an etwas zu glauben. Ich habe eine ganz andere Sicht auf Leben und Tod bekommen. Nachdem meine Mutter gestorben ist, hatte ich trotz des Schmerzes ein lachendes und ein weinendes Auge. Sie hat erleichtert ausgesehen. Ich möchte jetzt nicht zu tief darauf eingehen. Obwohl ich gerade die ersten Wochen oft geweint habe, dachte ich so oft an schöne Situationen mit ihr und habe mit einem Lächeln das weinen aufgehört.

Ich hoffe du kannst noch schöne Momente mit deiner Mutter genießen und sie auf ihrem Weg unterstützen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft 🤗❣️

 
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Liebe tapete

Erst einmal wünsche ich Deiner Mutter und Dir viel Kraft für die nächste Zeit. Es klingt seltsam, aber es ist wichtig über den Tod zu reden. Über Wünsche und Vorstellungen sowohl medizinisch wie auch Grabtechnisch. Es ist hart, aber es hilft ungemein. Es ist gut, wenn Du im Vorfeld bereits weisst, was nach dem Tag X zu tun ist, was ihr Wunsch gewesen wäre und Du Dich nicht auch noch mit diesen Fragen auseinandersetzen musst.

Mein Vater hatte damals als er wusste, es geht zu Ende zum Beispiel auch alle zu kündenden Verträge aufgelistet. So mussten wir uns nicht noch damit befassen, was er da für Verträge hatte, sondern konnten alles ziemlich zügig in die Wege leiten. Ja, das sind jetzt eher die technisch formalen Dinge rund um das Thema Tod, doch genau diese Kleinigkeiten können Dir helfen. 

Bei meinem Vater wussten wir auch ein halbes Jahr zuvor, dass es mit ihm nun endgültig zu Ende geht. Egal wie gut wir es wussten, am Ende hat es uns dennoch getroffen. Auch jede noch so gute Vorbereitung schützt einen nicht vor dem Kummer, der kommen wird. Aber es kann helfen, das rundherum im Rahmen zu halten. 

Und für die Arbeit und Abschluss: setz Dir Zeitrahmen: wenn Du am Arbeiten bist, bist Du am Arbeiten, wenn Du lernst, lernst Du. Und dann Plane Zeit für Dich und Deine Mutter ein. 

Und daneben: Versuch die Momente mit Deiner Mutter, die Du jetzt noch hast, zu geniessen. Ihr dürft auch beide schwach sein und traurig und alles mögliche.  Doch nutze die Zeit mit ihr. 

Viel Kraft euch beiden!

 
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Meine Mutter wurde Dank ihrer Konstitution Uralt. Bis zu ihrer beginnenden Demenz versuchte sie mir mein Leben zu diktieren. Und ich dachte: ja, sie lebt solange weil ich sie brauche. Mal abgesehen von den schlimmen Jahren der Demenz und der Pflege mit ihr, hatte ich mir Unterstützung von professioneller Seite geholt. Ich habe die letzten Lebensmonaten zum Abschied nehmen genutzt. Irgendwann war es absehbar das sie stirbt, weil sie bewusst die Nahrungsaufnahme verweigert hat. Es war ihre Entscheidung. Heute empfinde ich es als eine Befreiung. Heute lebe ich mein Leben.

Liebe Tapete, ich wünsche dir die Kraft, das ihr zwei voneinander Abschied nehmen könnt. Du denkst du verlierst ein Teil von dir. Aber das stimmt so nicht. Ihr seid 2 Teile die zwar eng miteinander verbunden den sind, aber doch jeder für sich. Sieh es als einen Neuanfang für dich. Aller Anfang ist schwer. Es hat bei mir 2-3 Jahre gedauert bis ich dieses "Freiheitsgefühl" geniessen konnte.

 
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Danke für all fir Antworten. Es wird nicht einfach, aber es muss irgendwie gehen.

 
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Vielleicht sollte man an eine Patientenverfügung denken wegen der Medikation,  sollte deine Mutter irgendwann nicht mehr bei Bewusstsein sein. Damit du keine schwere Entscheidungen treffen musst.. Das ist einer Freundin passiert,  deren Vater Corona hatte, auf der Intensivstation viele Komplikationen usw, die Familie musste entscheiden,  ob er operiert werden soll (trotz schwerer Gehirnschädigung, irreparablen Organschäden, u.a), oder sterben darf.. Das war für meine Freundin sehr schlimm. Es war sicher, er wäre danach bestenfalls im Wachkoma, aber sie wollte ihn nicht töten.

Man sollte so human und schmerzfrei sterben dürfen, wie nur möglich. Damit du später nicht überlegen musst,  ob du es hättest anders machen sollen.. Mir war es nicht bewusst,  dass es heutzutage noch passieren kann, dass Menschen leiden müssen,  obwohl es vermeidbar wäre, aber es ist leider so. Ärzte sind da abgehärtet, das muss man wissen, der Hausarzt hat meiner Schwiegermutter direkt gesagt, dass sie nur noch ein paar Wochen hat und nicht mehr nach Hause zurück kommt, obwohl sie es nicht hören wollte..Es war sehr hart, auch für mich.

Egal, wie dein Verhältnis zu deiner Mutter war, sorge dafür, dass es für sie erträglich ist, sonst wirst du dir später Vorwürfe machen. 

Vielleicht gibt es in der Nähe Selbsthilfegruppen für Angehörige von Krebspatienten. 

 
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Leelas Tipp mit der Patientenverfügung ist sehr gut. Das sollten wir uns alle bei vollem Bewusstsein für einen selbst überlegen. Wenn ihr das geregelt habt, ist es auch später für euch beide einfacher. Alles was Du jetzt schon regeln kannst, wird Dir dann nicht zur Last fallen, wenn es emotional hart wird. 

 
Hallo tapete,

ich war noch nicht ganz mit der Schule fertig als meine Mutter auch an Krebs gestorben ist. Danach musste ich noch viel für Prüfungen lernen, weil 4 Monate später die Matura-Prüfungen angestanden sind. Meine Situation damals ist also ähnlich wie deine jetzt.

Die Klassenbesten lieferten sich untereinander Angeber-Schlachten wer in der Matura in welchen Fächern die beste Note machen wird. Ich sass dagegen zu Hause, lernte auch für die Prüfungen und es ging mit halt schlecht. Es wird für dich irgendwie ähnlich sein. Aber für mich ist das lange vergessen. Solche Dinge vergisst man wieder. Deswegen sind sie am Ende nicht so schlimm. Der Tod der Mutter bleibt dagegen für immer.

Mir war damals nicht klar, dass meine Mutter dieses Mal nicht mehr aus dem Krankenhaus nach Hause kommen wird. Vielleicht war es meinem Vater klar und er hat es den Kindern nicht erzählt. Ich war damals heilfroh, dass ich meine Mutter nach der Schule so oft im Krankenhaus besuchen gegangen bin wie ich konnte. Ich bin heute nach über 30 Jahren immer noch heilfroh darüber. Ich kann dir sehr empfehlen, deine Mutter so oft zu besuchen wie es geht, wenn sie mal ins Krankenhaus kommt. Das hilft enorm, v.a. für die Zeit danach und für lange später immer noch.

Sie ist meine einzige Familie, danach werde ich niemanden mehr haben.


Wenn deine Mutter gestorben ist, hast du so gesehen keine Familie mehr. Natürlich ist das real auch so. Aber du hast die Möglichkeit deine Mutter in dir weiterleben zu lassen. Ich habe damals so etwa 20 Jahre den "Fehler" gemacht so zu denken, dass sie jetzt tot ist und ich alleine weitermachen muss. Ich wollte schauen, dass ich mir nichts vormache und auf dem Teppich bleibe. Das war im Prinzip auch richtig. Aber im Nachhinein sehe ich das anders. Hätte ich mich immer dann, wenn es mir schlecht ging oder es schwierige Zeiten gab, in Gedanken an meine Mutter gewendet und sie um Hilfe gebeten, wäre es mir viel besser gegangen. Ich kann dir sehr empfehlen, wenn es dir nach dem Tod deiner Mutter schlecht geht, dich in Gedanken oder "Gebeten" an sie zu wenden. Das hilft enorm, auch für den Rest des Lebens. Vor allem hat man psychisch und menschlich dann deutlich mehr Kapazitäten für sich und andere. Wenn die Mutter-Kind-Beziehung gut war, liegt darin eine enorme heilende und helfende Kraft.

Wenn deine Mutter gestorben ist, bist du es, die dann "übernimmt". Du setzt dann die guten Dinge im Leben deiner Mutter fort - natürlich auf deine Weise wie es deinem Wesen entspricht. Aber es ist nicht einfach alles vergangen und alles verschwunden, weil du nämlich noch da bist und ein Teil in dir ist von deiner Mutter geprägt. Du hast die Möglichkeit das alles fortzusetzen.

Ich muss ja trotzdem meine Arbeit machen, meinen Abschluss machen.


In jungen Jahren geht das noch ganz gut. Dann schaut man noch ganz in die Zukunft. Ich bin jetzt über 50. Wenn jetzt meine Frau sterben würde und ich müsste eine Ausbildung fertigmachen, würde mir das vermutlich viel schwerer fallen als damals als meine Mutter gestorben ist und ich 19 war, weil ich jetzt auch schon beginne zu spüren, dass meine eigene Zeit auch beginnt zu Ende zu gehen. In jungen Jahren ist das aber noch nicht so. Da denkt man überhaupt ncht an sowas, sondern denkt daran wie man jetzt seinen Weg finden kann.

Für die nächsten schweren Monate wünsche ich dir viel Kraft. Denke daran freundlich zu dir selbst zu sein. Deine Mutter muss grossartiges leisten, wenn sie ihren letzten Weg beschreitet und du bist bei ihrer Begleitung auch schwer eingebunden. Das verlangt viel von einem ab. In dieser Situation freundlich zu sich selbst sein und sich nicht verurteilen, wenn irgendwas nicht optimal lief. Das kann es einfach nicht. Dafür ist die Belastung viel zu gross und die Situation viel zu schwierig.

Dir alles Gute und liebe Grüsse, Kennedy

 
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