Hallo tapete,
ich war noch nicht ganz mit der Schule fertig als meine Mutter auch an Krebs gestorben ist. Danach musste ich noch viel für Prüfungen lernen, weil 4 Monate später die Matura-Prüfungen angestanden sind. Meine Situation damals ist also ähnlich wie deine jetzt.
Die Klassenbesten lieferten sich untereinander Angeber-Schlachten wer in der Matura in welchen Fächern die beste Note machen wird. Ich sass dagegen zu Hause, lernte auch für die Prüfungen und es ging mit halt schlecht. Es wird für dich irgendwie ähnlich sein. Aber für mich ist das lange vergessen. Solche Dinge vergisst man wieder. Deswegen sind sie am Ende nicht so schlimm. Der Tod der Mutter bleibt dagegen für immer.
Mir war damals nicht klar, dass meine Mutter dieses Mal nicht mehr aus dem Krankenhaus nach Hause kommen wird. Vielleicht war es meinem Vater klar und er hat es den Kindern nicht erzählt. Ich war damals heilfroh, dass ich meine Mutter nach der Schule so oft im Krankenhaus besuchen gegangen bin wie ich konnte. Ich bin heute nach über 30 Jahren immer noch heilfroh darüber. Ich kann dir sehr empfehlen, deine Mutter so oft zu besuchen wie es geht, wenn sie mal ins Krankenhaus kommt. Das hilft enorm, v.a. für die Zeit danach und für lange später immer noch.
Sie ist meine einzige Familie, danach werde ich niemanden mehr haben.
Wenn deine Mutter gestorben ist, hast du so gesehen keine Familie mehr. Natürlich ist das real auch so. Aber du hast die Möglichkeit deine Mutter in dir weiterleben zu lassen. Ich habe damals so etwa 20 Jahre den "Fehler" gemacht so zu denken, dass sie jetzt tot ist und ich alleine weitermachen muss. Ich wollte schauen, dass ich mir nichts vormache und auf dem Teppich bleibe. Das war im Prinzip auch richtig. Aber im Nachhinein sehe ich das anders. Hätte ich mich immer dann, wenn es mir schlecht ging oder es schwierige Zeiten gab, in Gedanken an meine Mutter gewendet und sie um Hilfe gebeten, wäre es mir viel besser gegangen. Ich kann dir sehr empfehlen, wenn es dir nach dem Tod deiner Mutter schlecht geht, dich in Gedanken oder "Gebeten" an sie zu wenden. Das hilft enorm, auch für den Rest des Lebens. Vor allem hat man psychisch und menschlich dann deutlich mehr Kapazitäten für sich und andere. Wenn die Mutter-Kind-Beziehung gut war, liegt darin eine enorme heilende und helfende Kraft.
Wenn deine Mutter gestorben ist, bist du es, die dann "übernimmt". Du setzt dann die guten Dinge im Leben deiner Mutter fort - natürlich auf deine Weise wie es deinem Wesen entspricht. Aber es ist nicht einfach alles vergangen und alles verschwunden, weil du nämlich noch da bist und ein Teil in dir ist von deiner Mutter geprägt. Du hast die Möglichkeit das alles fortzusetzen.
Ich muss ja trotzdem meine Arbeit machen, meinen Abschluss machen.
In jungen Jahren geht das noch ganz gut. Dann schaut man noch ganz in die Zukunft. Ich bin jetzt über 50. Wenn jetzt meine Frau sterben würde und ich müsste eine Ausbildung fertigmachen, würde mir das vermutlich viel schwerer fallen als damals als meine Mutter gestorben ist und ich 19 war, weil ich jetzt auch schon beginne zu spüren, dass meine eigene Zeit auch beginnt zu Ende zu gehen. In jungen Jahren ist das aber noch nicht so. Da denkt man überhaupt ncht an sowas, sondern denkt daran wie man jetzt seinen Weg finden kann.
Für die nächsten schweren Monate wünsche ich dir viel Kraft. Denke daran freundlich zu dir selbst zu sein. Deine Mutter muss grossartiges leisten, wenn sie ihren letzten Weg beschreitet und du bist bei ihrer Begleitung auch schwer eingebunden. Das verlangt viel von einem ab. In dieser Situation freundlich zu sich selbst sein und sich nicht verurteilen, wenn irgendwas nicht optimal lief. Das kann es einfach nicht. Dafür ist die Belastung viel zu gross und die Situation viel zu schwierig.
Dir alles Gute und liebe Grüsse, Kennedy