Angst

Narziss

Neuer Benutzer
03. März 2003
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Sorry, die Geschichte ist etwas lang. Aber doch viel zu kurz, denn ich könnte einen ganzen Roman draus schreiben:

Meine grosse Liebe lernte ich vor vier Jahren kennen, als ich noch ins Gymnasium ging und kurz vor dem Abschluss stand. Ich wohnte zusammen mit drei Kollegen in Basel, sie hatte ziemlich üblen Streit mit ihren Eltern und flüchtete fast täglich zu uns, um schweigsam und traurig in unserer Stube zu sitzen und sich zu betrinken. Ich redete damals oft mit ihr, immer über Bücher, denn wir lesen beide gerne und etwa das gleicheund es war immer der einfachste Weg, miteinander ins Gespräch zu kommen...

Damals sind ziemlich viele Dinge zusammengekommen. Einer meiner besten Freunde hat sich umgebracht, ich hatte die Schule fertig, hatte viel zu viel freie Zeit und stürzte in eine Depression, die ich bis heute noch nicht überwunden habe. Ich hatte Angst vor meiner Sehnsucht. Zog mich in mein Zimmer zurück. War abweisend, kalt. Als sie mir einmal lange direkt ins Gesicht blickte, sagte ich ihr, sie solle damit aufhören, ich Idiot. Aber es war mir zu intensiv und zu unklar, denn ihr Blick war ernst.

So verloren wir uns, bevor wir uns überhaupt nahe gekommen waren. Wir haben uns dann lange nur oberflächlich gesehen, aber es gab mir jedesmal einen Stich ins Herz. Ich hatte Angst vor ihr, die grösste Angst, die ich in meinen Leben je kannte. Einmal begenete ich ihr zufällig auf der Strasse. Sie ging an ein Konzert und fragte mich, ob ich mitkommen würde. Ich sagte wütend nein, ich würde ohnehin nur in einer Ecke sitzten. Und sie: "Wir können ja auch zusammen in einer Ecke sitzen." Ich blieb bei meinem Nein -wieder der verdammte Idiot! :mauer:

In diesem Herbst nun ist alles anders geworden. Und doch beim Alten geblieben. Sie ging neu an die Universität und fragte mich, ob ich ihr helfen könne. Seither besuchten wir einige Vorlesungen zusammen, und ich habe mich zum zweiten mal in sie verliebt. Diesmal flüchtete ich nach vorne statt nach hinten, lud sie mehrmals zu mir zum Essen ein. Es waren für mich die schönsten Abende, die ich je erlebte... Wir haben stunendlang miteinander gelacht und geredet, über unsere Kindheit, über Bücher, über unsere Träume, nur nicht über unsere Liebe...

Wir sind beide sehr schüchtern und leben beide schon lange, viel zu lange ohne Liebesbeziehung. Sie hat Anspielungen gemacht, von denen ich nicht weiss, wie ich sie verstehen soll. Da gab es eine Uni-Stunde, in der die Dozentin reihum von jedem wissen wollte, wie wir das Wort "Leidenschaft" definieren würden. Ich war der erste in der Reihe und meinte, es sei ein heftiges Gefühl unklaren Ursprungs. Sie sass neben mir und sagte, sie sei der gleichen Meinung, nur gehöre für sie nicht nur das Gefühl, sondern auch die Tat dazu. Sollte das eine Aufforderung sein? Da gab es ein Abendessen, wo sie mir erzählte, wir seien uns ähnlich... Und immer wieder sagt sie mir, sie habe ein schlechtes Selbstbewusstsein. Schliesslich habe ich bemerkt, dass sie unter Kollegen oft von Dingen erzählt, die sie von mir erfahren hat...

Also alles positive Zeichen. Trotzdem, ich bin nicht sicher.

Denn irgendetwas stimmt nicht. Jetzt sind Semesterferien, das heisst, wir sehen uns nicht mehr "automatisch" an der Uni, sondern müssten etwas abmachen, um uns zu treffen. Und sie meldet sich nicht! Und ich habe Angst, ihr anzurufen.

Ich schwanke zwischen drei Erklärungen hin und her. Erstens: Ich bin ihr egal. Zweitens: Sie hat meine Liebe bemerkt und findet es blöd. Drittens: Sie hat genau das gleiche Problem wie ich, sie liebt mich und hat Angst davor.

So darf es doch nicht zu Ende gehen! Ich will dieser Liebe eine Chance geben. Was könnte ich verlieren? Ich habe mir gedacht: Wenn ich es ihr nicht sagen kann, muss ich ihr eben einen Brief schreiben. Aber ist das nicht ein bisschen blöd?

 
hi narziss

einen brief schreiben finde ich ganz und garnicht blöd. sondern eine sehr gute idee. noch besser wäre natürlich du würdest sie einmal in die arme nehmen oder darauf ansprechen. von mir aus gesehen mag sie dich sehr. wichtig ist doch, das du endlich weisst was sache ist. jetzt oder nie, sonst zieht es sich dann irgendwann zulange hin....es würde euch beiden sicher sehr gut tun, eure liebe offen zeigen zu können.

und denk daran, angst haben ist nichts verwerfliches. du musst einfach aufpassen, das du deine angst im griff hast und nicht deine angst dich.... :]

viel glück....das kommt gut

 
Für das Mutmachen vielen Dank. Es würde wirklich gut tun, es wäre wohl das beste, was ich mir antun könnte. Es kämpfen eben gerade zwei Stimmen in mir, aber immerhin, sie kämpfen...

Schlussendlich an mir, den Weg zu finden. Aber ein Zuspruch tut immer gut, auch einer, den man am Bildschirm liest.

 
Vielleicht hält sie auch schweren Herzens Abstand zu dir, weil sie herausfinden will, wieviel sie dir bedeutet. Ich meine so etwas wurden doch schon vielen hier geraten, wenn sie nicht wussten, ob der andere nur eine gute Freundschaft oder mehr will. Das beste wäre, wenn du sie in den Arm nehmen und es ihr sagen würdest. Ein Brief ist aber auch eine schöne Sache, habe da selber nur gute Erfahrungen gemacht (bin nämlich auch etwas schüchtern). Der Vorteil dabei ist, dass es dir wesentlich leichter und auch ein Liebesbeweis ist, denn Worte kann man leichter zurücknehmen als etwas Geschriebenes.

So wie sie sich bis jetzt verhalten hat, will sie scheinbar wirklich mehr (genau weiß man es nie), aber warte nicht zu lange, sonst verlierst du sie noch.

Viel Glück! :super:

 
Narziss,

ich würde an Deiner Stelle keinen Brief schreiben, weil der zu theoretisch, abstrakt, distanziert ist. Gut, dann weiß sie`s, fragt sich aber weiterhin, wie sie den Weg in Deine Arme findet und genau dort soll sie ja hin, oder? Mit dem Brief bringst Du sie in Zugzwang, d.h. sie muss reagieren. Wenn sie sehr schüchtern ist, kommt ihr so nicht wirklich weiter. Wie wäre es stattdessen mit einer romatischen Inszenierung? Verabrede Dich mit ihr, sag ihr, Du würdest sie gerne mal wieder sehen und Du möchtest Ihr gerne etwas zeigen. Bring sie an einen besonders schönen Ort (z.B. auf einem Turm mit toller Aussicht, oder lade sie bei Dir zum Essen ein, ein Gläschen Wein macht sich ganz gut...) und dann sagst Du ihr, dass Du ihr was sagen möchtest... Du wirst ja an ihrer Reaktion merken, ob sie so schaut wie "oh gott was kommt denn jetzt" oder ob ihr Blick ganz weich wird...

So könntest Du Dein Gesicht waren, weil Du nicht - wie in einem Brief- alles auf einmal auf den Tisch packst, sondern nach Lage der Dinge und abhängig von ihrer Reaktion vorgehst. Und ganz wichtig, ohne das gehts gar nicht: Körperkontakt, wenn Du ihr was sagst, mindestens ihr Hände halten oder sie umarmen und IN DIE AUGEN SEHEN, das macht es viel leichter, glaub mir!

Ich finde Eure Geschichte sehr schön und ich habe ein gutes Gefühl. Ich drücke Dir ganz fest die Daumen!!!

Nur Mut!

Anna

 
Hi Narziss,

also, die Idee mit dem romantischen Plätzchen finde ich selbst ehrlich gesagt nicht so gut. Ich kann nur von mir sprechen, aber ich finde das immer etwas unwirklich (das ist das richtige Wort) und mir bedeutet es am meisten, wenn jemand mir seine Liebe an einem gewöhnlichen, alltäglichen Ort gesteht, den beide gut kennen und wo sich beide wohl fühlen. So z.B. im eigenen Zimmer oder bei der Kellerparty von einem guten Freund, wieso nicht? Hauptsache Ruhe und Vertrautheit.

Vielleicht kommt irgendwann eine Situation, wo ihr beide beieinander seid und es schön und ruhig ist. Die Situation kannst Du auch ruhig provozieren. Auf jeden Fall solltest Du Dich melden und etwas tun. Trauen musst Du Dich, da geht kein Weg dran vorbei. Ein Brief ist schön. Aber persönlich ist doch schöner und sicherer, weil sie sich dann vielleicht auch eher spontan traut.

Ich wünsche Dir schonmal alles Gute. Lass den Kontakt jedenfalls nicht abreissen. Nerv sie nicht, aber mach auch nichts hintenrum. Sag es ihr klar, was Du für sie empfindest. Alles andere schreckt ab und bringt keine Lösung.