Liebeskummer?Wie man es besser überstehen soll!

johannHH

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10. Sep. 2002
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Liebeskummer und Liebesleid: Von der Klimax in den Liebestod

Liebeskummer - der Liebe bitt'res Weh

Nur die Zeit oder eine neue Beziehung heilt die Wunden der Verlassenen

VON DIETMAR G. LUCHMANN

In der Nacht wälzt sich Hans B. schlaflos in den Kissen. Tagsüber wirkt er abwesend, abweisend, unkonzentriert. Tiefer Schmerz wühlt in seinem Inneren. Kein Arzt der Welt kann seine Wunden heilen. Das schafft nur die Zeit, verkürzt vielleicht vom Psychotherapeuten. Der Mittvierziger ist schwer krank. Er durchlebt - so wie Millionen Menschen in aller Welt und zur selben Zeit - eine schwere Leidensphase: Hans hat Liebeskummer.

"Nie hat auf den sich wahrer Schmerz ergossen, der nicht gefühlt der Liebe bitt'res Weh", wusste schon der italienische Dichter Dante Alighieri im 13. Jahrhundert. "Liebesschmerz ist schlimmer als Zahnweh", besagt ein französisches Sprichwort. Und Heinrich Heine, der "Erfinder" des Liebesleides, dichtete in seinen Liedern 1824:

Man glaubt, daß ich mich gräme,

In bitterm Liebesleid,

Und endlich glaub ich es selber,

So gut wie andre Leut.

Du Kleine mit großen Augen,

Ich hab es dir immer gesagt,

Daß ich dich unsäglich liebe,

Daß Liebe mein Herz zernagt.

Doch nur in einsamer Kammer

Sprach ich auf solche Art,

Und ach! ich hab immer geschwiegen

In deiner Gegenwart.

Da gab es böse Engel,

Die hielten mir zu den Mund;

Und ach! durch böse Engel

Bin ich so elend jetzund.

Doch bevor die erotische Obsession in die zwanghafte Selbstentwürdigung oder gar in den Liebestod führt, empfiehlt sich Selbstbesinnung. "Ich bin sehr unglücklich, ich habe Liebeskummer, meine Eltern verstehen mich nicht und ich bin sehr einsam", berichtet eine unglücklich Verliebte von ihrem ersten Liebesschmerz. "Ich weiß nicht welchen Weg zu wählen, ich habe keine Freunde [...] ich muss etwas tun [...] ich möchte gern tot sein, aber ich würde immer noch sehr einsam sein". Liebesschmerz kann tatsächlich zur existenziellen Bedrohung werden. Unerwiderte Liebe oder der Verlust des Partners ist die häufigste Ursache für Selbstmord bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Liebeskummer kann auch entstehen, ohne dass es zu irgendeiner Art von Beziehung gekommen ist. Mitunter weiß der oder die Begehrte nicht einmal von den Gefühlen des anderen. "Ach, der Liebesschmerz ist der einzige Liebhaber so mancher stillen Mädchenseele", beobachtete der Schweizer Schriftsteller Jeremias Gotthelf. Es sind zumeist schüchterne Menschen, die sich aus Angst vor einer möglichen Zurückweisung nicht getrauen, ihre Gefühle zu offenbaren. Liebesbriefe, die niemals abgeschickt werden, sind so oft die traurigen Zeugnisse sozialer Ängste. Die Angst, von anderen belächelt zu werden, lässt sich jedoch umso besser überwinden, je früher der Weg zu einem kognitiven Verhaltenstherapeuten führt, denn häufig vermögen Menschen mit solchen Ängsten auch in einer Partnerschaft ihre Bedürfnisse nicht angemessen zu artikulieren - und scheitern dann wiederum in der Liebe.

Nimmt eine unerwiderte Liebe einen exzessiven Charakter an, kann sie bis zum Stalking führen, der zwanghaften und penetranten Verfolgung des begehrten Menschen - eine auch strafrechtlich relevante Variation von Liebesleid, die in der Regel behandlungsbedürftig ist.

"Liebeskummer lohnt sich nicht, my Darling" sang einst die Schlagersängerin Wencke Myhre. Doch mit der Realität hat der fröhliche Song wenig zu tun. Der Verlassene fühlt sich tief gedemütigt und beschämt, belegt die psychologische Forschung. Und der Zurückweisende oder Verlassende hat mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Ihm wird der "Schwarze Peter" zugeschoben, während der unglücklich Liebende sich betrogen, missachtet, zurückgewiesen, abgeschoben, unverstanden fühlt. Es nützt ihm zunächst recht wenig, dass er - auch in unzähligen Werken der Literatur - des Mitleids der Gesellschaft sicher sein kann.

 
Trotz des gelegentlich dramatischen Leides sieht die psychologische Wissenschaft die unerwiderte oder enttäuschte Liebe als eine wertvolle, intensive und harte Erfahrung an, die die Kraft hat, das Leben zu verändern. Gerti Senger, Autorin eines Ratgebers für Liebeskranke, ist überzeugt, dass sich Liebeskummer sehr wohl lohnt, weil dieses Phänomen ein ungeheures kreatives Potential zutage bringen kann. Liebeskummer kann zum Ausgangspunkt einer persönlichen Entwicklung und der Entfaltung einer neuen Schaffensperiode werden. Viele Dinge, die sonst nie über das Stadium der Planung hinausgegangen wären, können angepackt werden, wenn die Starre überwunden ist und aus dem Leid eine sehr produktive Phase entsteht.

Gespräche mit Freunden können helfen, die Aufmerksamkeit auf die positiven Seiten dieser Erfahrung zu lenken und diesen Entwicklungsprozess zu beschleunigen: Denn Liebeskummer ist nicht nur Trauer, sondern vor allem eine Chance der Persönlichkeitsentwicklung. Wer einer Freundin oder eines Freundes ermangelt, kann sich auf diesem Weg durch einen Psychotherapeuten führen lassen.

Die Reaktionen auf den Verlust der Liebe eines Mitmenschen oder eine von vornherein unerfüllte Sehnsucht können dabei sehr verschieden sein. Leichte Formen lassen die Betroffenen nach relativ kurzer Dauer wieder nach vorn blicken. Schwere Formen können zu langer und schwerster Verzweiflung führen. Besonders im höheren Alter vermögen manche Menschen nicht, über den Verlust des Liebes- und Lebenspartners hinwegzukommen. Aus der Forschung ist bekannt, dass bei älteren und emotional sehr von einander abhängigen Ehepartnern nach dem Tod eines Partners der andere häufig innerhalb sehr kurzer Zeit ebenfalls stirbt.

Auch in weniger dramatischen Fällen, in denen die Gedanken nicht bis zum Suizid schweifen, kann echter Liebeskummer zu schweren psychischen und körperlichen Erkrankungen führen. Anfängliche Einschlafstörungen können sich in durchwachten Nächten, in denen die Gedanken wieder und wieder um den geliebten Menschen kreisen oder die Schmach des Verlassen-Werdens die Stresshormone hoch peitscht, zur Schlaflosigkeit entwickeln. Der selbstverursachte Stress führt leicht zu psychosomatischen Störungen, Ängsten und Depressionen.

Obwohl gerade die Angst vor dem Alleinsein sie besonders bedrückt, ziehen sich Menschen, die unter Liebeskummer leiden, auf sich und in sich selbst zurück. Sie verlieren das Interesse an anderen und meiden den Kontakt selbst zu nahe stehenden Menschen. Wenn die Betroffenen diese Entwicklung nicht erkennen, gelangen sie hierdurch leicht in einen sich selbst verstärkenden depressiven Teufelskreis. Es gibt schließlich nichts mehr, was die Betroffenen noch erfreuen kann, der Rückzug lässt die Welt grau, öde und leer erscheinen und die eigene Inaktivität verhindert jegliche positive Erfahrung: eine Depression entsteht.

Fast immer gehen mit dem Liebeskummer auch deutliche Leistungseinbrüche in Ausbildung, Beruf oder Sport und bei der Bewältigung des Alltags einher. Gelegentlich führt der Leistungsknick des Liebesleidenden zum Karriereknick. Dennoch wird das epidemische Leiden allzu oft - und unzulässig - nach dem Motto "Die Zeit heilt alle Wunden" als alltäglich abgetan.

Wer Liebeskummer hat, durchläuft zumeist bestimmte Stadien von Erleben und Verarbeitung. Die Autorin Senger sieht beim Wechsel von der alten zur neuen Identität fünf Phasen des Liebeskummers: Zuerst spürt man, dass die Katastrophe kommt ("Bedrohung"). Zwar ist es mehr ein Ahnen oder "Wittern" als ein Wissen, doch der Instinkt ist untrüglich. Man nimmt wahr, dass irgendwas nicht mehr stimmt, aber man kann noch nicht genau sagen was. Diese Ungewissheit kann bei längerer Dauer leicht zu ersten körperlichen Reaktionen und Störungen führen, in die die fortgesetzte Anspannung sich entlädt (Somatisierung).

Psychologen sprechen von vier Phasen der Trauer, sobald die Trennung vollzogen ist. Zunächst bricht eine Zeit des Nicht-Wahrhaben-Wollens an, verlassen worden zu sein. Denn die meisten Beziehungen werden einseitig beendet. Und der, der gehen will, bereitet sich insgeheim darauf vor, während der andere zunächst überrumpelt wird. Für den Verlassenen brechen die Orientierungspunkte weg, die Existenz scheint gefährdet und ein Zustand der Lähmung tritt ein, in dem zunächst einmal Kräfte gesammelt und seelische Vorbereitungen getroffen werden müssen, um mit der Situation fertig zu werden ("Lähmung").

Erst danach beginnt die "unangenehmste" Etappe auf dem Weg zu neuem Glück: Dann nämlich brechen starke Gefühle über den Leidenden herein - Trauer, Verzweiflung, Wut, Depressionen und das Gefühl der Hilflosigkeit. Die Tränen, die bei fast allen hier fließen, sind keine Tränen der Trauer, sondern eine Stressreaktion, die die unerträgliche innere Spannung reduziert.

Im seinem Gedicht "Der Doppelgänger" (Die Heimkehr XX) beschreibt Heinrich Heine dieses Geschehen:

Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,

In diesem Hause wohnte mein Schatz;

Sie hat schon längst die Stadt verlassen,

Doch steht noch das Haus auf demselben Platz.

Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,

Und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt;

Mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe -

Der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.

Du Doppelgänger! du bleicher Geselle!

Was äffst du nach mein Liebesleid,

das mich gequält auf dieser Stelle,

So manche Nacht, in alter Zeit?

Männer stürzen sich in dieser Phase gern in die Arbeit oder betäuben ihren Schmerz mit Alkohol. Frauen greifen eher zu Medikamenten oder plündern den Kühlschrank. Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme kann oft ebenso die Folge sein wie Essattacken und Gewichtszunahme. Gerti Senger, die diese Etappe "Verhandeln" nennt, spricht vom Versuch, die Lähmung zu überwinden und die Kontrolle zurückzuerlangen. Jetzt beginnen auch die natürlichen Selbstheilungskräfte zu arbeiten, die in jedem Menschen stecken. Es beginnt ein Kampf um den Erhalt der Beziehung. Auch ein Aufschub der endgültigen Trennung soll vor allem bei Männern die Bitternis des Verlassen-Werdens abmildern, doch eigentlich ist der Weg zum tatsächlichen Trauerprozess bereits beschritten. Noch aber braucht man Zeit, um ein neues Selbstbild zu entwerfen, das nicht mehr auf der Identität und Lebensplanung als Paar beruht. Erst danach ist man in der Lage, eigene Wege zu gehen.

Wenn diese Phase ausgestanden ist, beginnt die Verarbeitung. "Schmerz, der nicht spricht, erstickt das volle Herz und macht es brechen", lesen wir bei William Shakespeare. So sucht der Liebeskranke bald das Gespräch mit Freunden und stürzt sich vielleicht in sexuelle Abenteuer, ohne jedoch schon für eine neue Partnerschaft bereit zu sein. Erst jetzt kann das endgültige Scheitern der Beziehung erkannt werden. In dieser Phase des Trauerprozesses, die Gerti Senger die "Regression" nennt, sind viele Betroffene nicht arbeitsfähig. Sie wehren die Realität ab und machen eine andere Person und/oder "Fremdverschulden" für die Trennung verantwortlich. Gleichzeitig überschütten sie sich mit Selbstvorwürfen und flüchten nicht selten ins Bett, um Wärme und Geborgenheit zu spüren; sie fühlen sich furchtbar verlassen und mutterseelenallein.

Erst in der letzten, der "Akzeptanz"-Phase kommt die endgültige Loslösung vom ehemaligen Objekt der Begierde. Erst hier werden die vielschichtigen Ursachen für das Scheitern der Beziehung zur Kenntnis genommen. Das alles braucht Zeit. Obwohl der Schmerz noch unerträglich erscheint, wird der Partner erstmals als verloren akzeptiert. Mit der Trauerarbeit über den Liebesverlust geht jetzt das Bemühen einher, eine eigene Lebensperspektive zu finden, eine neue innere Welt aufzubauen. Große Sehnsucht und Tränen brechen in dieser Phase immer wieder durch, können aber das Fortschreiten auf dem Weg zu sich selbst - oder einer neuen Beziehung - nicht mehr aufhalten und werden sogar zu einer Quelle neuer Kraft.

Nach dem Bruch längerer Beziehungen benötigen die Leidenden nach Erfahrungen von Psychotherapeuten bis zu drei Jahre, um mit der tiefen Verletzung fertig zu werden. Obwohl unter Liebeskummer Männer genauso leiden wie Frauen, gibt es in der Verarbeitung gleichwohl Unterschiede: Nur jeder dritte liebesleidende Mann vertraut sich mit seinem Kummer anderen an. Von den Frauen hingegen suchen 90 Prozent Trost bei Freundinnen. Frauen fällt es offensichtlich leichter, sich den Schmerz von der Seele zu reden, während sich Männer in ihrer Identität als Eroberer bedroht fühlen. Sie erleben den Liebeskummer daher auch als peinliche Schwäche.

 
Es gibt viele Tipps, wie die Zeit des Liebesschmerzes besser zu überstehen sein soll. Manche sind hilfreich, viele sind unbrauchbar, einige schädlich. Im Kern ist - auch wenn immerfort die Gefühle im Mittelpunkt stehen - die Verarbeitung einer Trennung oder Zurückweisung zuallererst eine Sache des Verstandes. Die gescheiterte Beziehung, den potentiellen oder verlorenen Partner und die eigene Person realistischer und klarer sehen zu lernen, hilft ungleich mehr als der Griff zu Ersatzdrogen wie Pralinen, Nougat, Eis und Torten. Die sollen zwar "vor dem sicheren Liebeshunger-Tod" bewahren, wie ein Boulevard-Blatt meint, weil Serotonin- und Endorphin-Gipfel beruhigen und die Stimmung heben, führen aber eher geradewegs zum Kummerspeck. Besser sind da Offenheit bei den Gefühlen, viele Gespräche und Zeit für Besinnlichkeit. Auch sich selbst mit gutem Essen, einem entspannten Badewannenabend oder Urlaub zu verwöhnen, kann Starre und Lähmung lösen. Freilich sind diese Empfehlungen nicht nur für den Trennungsschmerz gut, sondern noch mehr für die Pflege und den Erhalt einer Beziehung. Insgesamt jedoch hilft Aktivität, das Steuer wieder in die Hand zu bekommen.

"Wer dazu neigt, vor Liebeskummer aus dem Fenster zu springen", empfahl der italienische Filmschauspieler Alberto Sordi, "sollte nur im Parterre wohnen". Allerdings helfen alle Schutz- und Ablenkungsmanöver - sei es Sport, Sex oder Suchtmittel - nur auf kurze Zeit. Selbstschädigende Ablenkung oder gar die Flucht durch den Umzug in eine andere Stadt überwinden den Liebesschmerz nicht wirklich, sondern mindern eher den positiven Effekt der Trennungserfahrung. Eine gewisse Trauer ist nicht nur angemessen, sondern auch hilfreich, damit die Trennung verarbeitet werden kann. Um aus dieser Erfahrung zu lernen, sollte der Liebeskummer nicht ignoriert und verdrängt, sondern bewusst durchlebt werden - auch wenn die Klaviatur der Gefühle dabei von Wut und Verzweiflung über Hass und Trauer bis zu Eifersucht und Begehren reicht.

Manchen mag mit Blick auf die lodernden Gefühle für den vermeintlich einzigen Menschen, mit dem man "alt werden" wollte, die uralte Erfahrung trösten, die der französische Philosoph und Humanist Michel Eyquem Seigneur de Montaigne vor über 400 Jahren niederschrieb: "Ich habe beobachtet, daß eigentlich nur solche Ehen in die Brüche gehen, die wegen der Schönheit und aus Liebessehnsucht zustande gekommen sind: Die Ehe braucht festere und dauerhaftere Grundlagen, große Behutsamkeit ist, wenn man sich zu ihr entschließt, vonnöten, kochende Liebesglut taugt dazu nicht."

PSYCHOTHERAPIE Lese-Tipp

Seitensprung und Ehebruch

Wie Paare die Beziehungskrise überwinden: Empfehlungen von Dietmar G. Luchmann, Diplom-Psychologe und Psychotherapeut.

Das emotionale Schüttelbad von Trennung und Selbsterkenntnis kann die Hölle sein, doch der Schmerz und die Trauer setzen auch eine Entwicklung in Gang, die hilft, die eigenen Bedürfnisse wieder deutlicher wahrzunehmen und neu zu justieren. Am besten eignen sich aus der Sicht von Psychotherapeuten Gespräche mit anderen, um die Krise zu überwinden. Es ist wichtig, diese harte Zeit zu durchleben. Es kann trösten, die positive Seite dieser Erfahrung zu sehen: Man reift. Eine solche Situation überstanden zu haben, stärkt das Selbstbewusstsein. Liebeskummer, das vermeintliche Unglück pur, kann somit als eine große Chance zu persönlichem Wachstum genutzt werden!

Mit Liebeskummer niemals allein

Danke für den äußerst hilfreichen Artikel "Liebeskummer und Liebesleid: Von der Klimax in den Liebestod". Auch ich bin zur Zeit in einer Phase, in der ich weder ein noch aus weiß. Am letzten Freitag haben meine Freundin und ich gemeinsam Schluss gemacht. Ich dachte, meine Liebe zu ihr hatte sich verloren. Ich dachte, dass mir die Beziehung nur noch weh tut. Sie hatte sich verändert, war nicht mehr das Mädchen, das ich vor einem Jahr und sieben Monaten kennen und lieben gelernt hatte. Seltsamerweise fand diese Veränderung erst vor einem Monat statt, völlig unvermittelt und unerwartet.

Der Mensch ist ein Egoist, und so sucht er (wie ich am Anfang), die Fehler am liebsten beim anderen. Diese Erfahrung hab auch ich gemacht, warf ihr vor, sie wäre Schuld daran, dass wir uns im letzten Monat eigentlich nur noch in den Haaren lagen. Warum sie nicht mehr das liebe Mädchen von früher war. Warum sie mir so oft weh tut in letzter Zeit. Aber langsam begann ich zu verstehen. Während meiner Abiturvorbereitungen war ich derart gestresst, dass ich sie oft launisch und missmutig behandelt habe. Ich hatte kaum mehr Zeit, alles wuchs mir über den Kopf. Aber sie ist mir in allen Dingen entgegengekommen, hat mein Verhalten akzeptiert, auch wenn es ihr manchmal regelrecht das Herz brach, und hat mich immer wieder aufgebaut.

Ich habe damals nicht verstanden, wie sehr sie sich für mich aufopfert. Selbst als das Abitur geschrieben und bestanden war, blieb ich der Gleiche. Warum weiß ich nicht. Der Mensch ist eben (wie gesagt) ein Egoist, und wenn er merkt, dass ein anderer geduldig seine Launen akzeptiert, wird er sich kaum zusammenreißen. Weshalb sollte er sich auch ändern, wenn sich alles nur um ihn dreht. Das war damals zwar nicht meine Meinung (mir war nicht mal dieser Zusammenhang bewusst), aber dennoch habe ich mich so verhalten. Unbewusst eben. Nach dem Abitur dachte ich, ich könne so weitermachen. Doch sie hatte verständlicherweise weder die Kraft noch den Willen, mein Verhalten weiterhin herunterzuschlucken. Oft kam es zum Streit, solange bis wir uns auseinander gelebt hatten.

Damals dachte ich, sie wäre mit ihrem "ablehnenden" und "reizbaren" Verhalten Schuld an den vielen Auseinandersetzungen. Bis ich begriff, dass nicht sie, sondern ich mich radikal verändert hatte und nicht mehr der liebe Mensch war, den sie noch bis vor Beginn des Abiturstresses so verliebt in ihre Arme geschlossen hatte. Leider ist in der Zeit bis zu dieser Erkenntnis manches zerbrochen, und vieles davon unwiederbringlich. Es schien uns beiden einfach wichtig, die Beziehung jetzt zu beenden, damit sie uns als die schönste Beziehung in Erinnerung bleibt, die sie und ich jemals hatten.

Zur Zeit fühle ich jedoch nur Schmerz. Dieser Kummer, dieser Wunsch, wieder in ihren Armen zu liegen und sich zwischen all den verletzenden Menschen auf der Welt wieder geborgen zu fühlen, zerreißt mich innerlich. Man weiß erst was man hatte, wenn man es nicht mehr hat. Ein Sprichwort, das mir nun in so mancher Nacht den Schlaf kostet. Nirgendwo als in der Liebe liegen Glück und Schmerz so nahe beieinander. Und ich glaube, das hat Ihr Artikel "Liebeskummer und Liebesleid: Von der Klimax in den Liebestod" sehr deutlich gemacht. Ich möchte mich auf diesen Weg für die große Hilfe bedanken, die er mir geschenkt hat und schenkt. Die angesprochenen Phasen des Trennungskummers beobachte ich auch an mir. Dank Ihres Artikels erkenne ich nun, wie weit ich noch zu gehen habe, bis ich über alles hinweg bin. Schade nur, dass die Länge der Strecke bei jedem Menschen anders ist. Vielleicht ist Ihr Artikel gerade darum so hilfreich für mich. Natürlich, er kann mir nicht sagen, wie lange es dauert, bis ich die Sache verkraftet habe. Die Länge der Strecke bleibt immer offen. Vielmehr ist Ihr Artikel eine Art Wegweiser, der viele Dinge klärt und erklärt. Und noch eines hat er mir gezeigt: Wann immer du irgendwo in der Welt Liebeskummer hast - du bist niemals allein.

Dominic Springer

11.07.2001

"Liebe ist die höchste Konzentration des Lebens"

Lieber Dominic, schön, dass jemand so empfindet wie ich! Habe deinen Beitrag etwa einen Monat, nachdem bei mir und meinem Freund Schluss war, gelesen. Und da es mit meiner Geschichte irgendwie Ähnlichkeit hat, ist es mir nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Also antworte ich heute, noch einen Monat später darauf. Ich glaube, ich bin noch lange nicht darüber hinweg, was passiert ist. Tag und Nacht denke ich an diese verlorene wunderschöne Zeit. Wahrscheinlich verklärt man im Nachhinein alles, denn als wir noch zusammen waren, ist es mir auch oft schlecht gegangen und ich war sehr traurig, wenn er irgendwie abweisend zu mir war. Aber trotzdem fühlte ich mich immer so unbeschreiblich wohl bei ihm und voller Energie! Jetzt mach ich mir die schlimmsten Vorwürfe, was ich alles falsch gemacht habe. Für mich war alles ganz selbstverständlich und ich habe mich oft mehr um andere gekümmert als um meinen Freund. Jetzt habe ich erst erkannt, wie wertvoll und selten das ist, wenn sich zwei Menschen wirklich lieben! Wenn das nicht passiert wäre, hätte ich das vielleicht nie kapiert! Schlimm ist vor allem, dass wir den Prozess des Schlussmachens so lange hinausgezögert haben. Am Schluss war fast nur noch Verletzung und Enttäuschung übrig! Ich wünschte, er würde sich nur an die schöne Zeit erinnern: ohne Probleme, als wir noch so viel Spaß zusammen hatten und einfach lebten! Diese Vollkommenheit und nichts erwarten, Aufgehen in der Wirklichkeit! Der reine Duft der Liebe! Hoffe sehr, dass mir dieses Glück noch einmal widerfährt

 
In dem Augenblick, wo man sich auf eine Liebe einläßt, nimmt man automatisch schon in Kauf, im Laufe der Partnerschaft oder bei einer Trennung Schmerz zu verspüren. Ich denke, man kann ihn nicht vermeiden, aber überwinden. Ein toller Ratgeber hierzu, der mir bei meiner Trennungskrise geholfen hat, ist der von Doris Wolf "Wenn der Partner geht". Sie beschreibt ganz klar, was in einem abläuft, wenn der Partner abhaut. Aber sie läßt einem nicht in seinem Schmerz hängen. Über Eiswürfel an die Wand werfen, um die Wut loszuwerden, bis zum Brief an den Ex und die Sehnsucht nach Sex , geht sie alle wichtigen Themen an. Und man erfährt, dass man nicht an seinem Verstand zweifeln muß, wenn man immer wieder in Tränen ausbricht.